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Schule Lockwitz – 400 Jahre Geschichte

Die Schule Lockwitz blickt im Jahr 2023 auf 400 Jahre Schulgeschichte zurück. Ein Beitrag über Schulleiter und Schulgebäude in Lockwitz.
Schule Lockwitz Urnenstraße 22, 2018

Das Jahr 2023 hat gleich zwei besondere Jubiläen zu bieten. Sowohl die Schlosskirchgemeinde als auch die Schule Lockwitz werden 400 Jahre alt. Eine Blick in 400 Jahre Schulgeschichte, die Ereignisse und Schuldirektoren von den Anfängen 1623 über die Kaiserzeit, die Weimarer Republik und die DDR-Zeit bis heute zeigt.

Der Hofmarschall Johann Georg von Osterhausen hatte 1620 Lockwitz und Nickern gekauft und war nun der neue Lehnsherr. Er beantragte daraufhin Lockwitz und Nickern als selbständige Kirchgemeinde zu gründen und aus dem Kirchspiel in Leubnitz auszupfarren. Dem wurde 1623 zugestimmt. Da jede Pfarrgemeinde nach der Schulordnung von 1580 aber auch ein Schule haben musste, kam es parallel zur Schulgründung. Osterhausen stiftetet dafür ein Vermögen von 3.000 Gulden aus dessen Zinsen Pfarrer und Lehrer bezahlt werden sollten. Wenn es sich dabei um Goldgulden handelte, die seit 1558 in Dresden geprägt wurden, läge der heutige Goldwert bei über einer halben Million Euro.

Osterhausen kauft für die Schule das alte Hirtenhaus Am Plan 10 und ließ das Gebäude, sowie eine Scheune und einen Stall neu errichten. Nach Gerhard Müller, Lockwitzer Lehrer im 20. Jahrhundert und Ortschronist gehörte auch ein Stück Wiese und ein Garten dazu. Die Lehrer und auch die Pfarrer mussten sich damals selbst versorgen und verpachteten auch Land um davon Einkünfte zu haben, Erste Lehrer waren Martin Siderius und sein Sohn Gabriel, der vorher Lehrer in Burkhardswalde war. Über Letzteren ist von einer Schulvisitation 1672 bekannt, das er auch auf allerhand Instrumenten sehr gut musizierte. Christian Sültze berichtet in seiner Lockwitzer Chronik von 22 Orten aus denen man Schüler nach Lockwitz schickte, weil die Eltern Vertrauen in Siderius hatten.

1680 wurde Andreas Petermann berufen, der ebenfalls wegen seiner Gelehrtheit gerühmt wurde: „ein Mann, der sein perfekt Latein und Griechisch verstand, und eher ein Rektor auf einem großen Gymnasium hätte sein sollen, als wie ein Schulmeister auf dem Dorfe“. Er war eigentlich eine Quereinsteiger, da er sein Studium wegen Geldmangel nicht zu Ende bringen konnte. Deshalb verdingte er sich als Schreiber, brachte es bis zum Notar und war vor seinem Engagement in Lockwitz Kantor in Weesenstein. Unterrichtet wurden die Kinder in der damaligen Zeit in Lesen, Rechnen, Schreiben und Religion. Gelernt wurde in der Schulstube, die meist auch das Wohnzimmer des Lehrers war.

Die erste Schule Lockwitz


Im Jahr 1713 war die Schule zu klein geworden. Wohl auch, weil die Lehrer erfolgreich für sich durch Schulumzüge warben und so die Zahl der Schülerinnen und Schüler vergrößerten und sich so ein Einkommen sicherten. Denn eine Schulpflicht gab es damals noch nicht. Baumeister Christian Sültze errichtete deshalb 1713 ein neues Schulhaus. Im Erdgeschoss befand sich das Schulzimmer, das dem ordentlichen Schulmeister und seinem Substituten (Gehilfen) als Unterrichtsraum diente. An sonstigen Räumen waren laut einer alten Schulakte, eine Oberstube mit Stubenkammer, ein kleines Stübchen mit einer Hinterkammer, Küche, Gewölbe und zwei Bodenkammern vorhanden.

Die alte Schule von Lockwitz nach 1713 Am Plan 10. Rechts im Bild das Schloß und Kirche Lockwitz.
Die Schule Lockwitz nach 1713, Quelle: Heimatverein Lockwitz e.V.

1773 kamen die Fächer Erdbeschreibung, Geschichte und Naturkunde durch die neue sächsische Schulordnung hinzu. 1781 war die Schule jedoch schon wieder zu klein. Lehrer Gottlob Opitz wies bei der Besichtigung durch Gemeinde und Kirchenvorstandmitglieder darauf hin, dass zu dem Zeitpunkt sogar 40 Kinder wegen der Ernte gar nicht zur Schule gingen. Würden die auch noch dazukommen, könnte man im Raum nicht mehr aufstehen. Die Kalkulation für den Schulanbau von 6-7 Ellen auf der Schulhofseite von Zimmermeister Christian Gotthelf Reuther aus Kreischa betrug 66 Taler. Die Kosten trug die Gemeinde und die Communikanten des Ortes je zur Hälfte.

Erst 1805 hielt die allgemeine Volksschulpflicht (Kinder von 6-14 Jahren) Einzug in Sachsen. Damit war auch das Schulgeld gesichert.

Die Schule Tögelstraße 12


1835 erfolgte eine Reform der Sächsischen Schulordnung. Das Volksschulgesetz von 1835 führte die allgemeine Volksschule sowie die achtjährige Schulpflicht in Sachsen ein und verpflichtete die Gemeinden zum Unterhalt der Schulen. Die Zahl der Schülerinnen und Schüler in Lockwitz stieg auf fast 300 an. Die Schule leitete Christian Gottlob Tögel und danach sein Sohn Julius Hermann Tögel. Beide stammten aus Lockwitz. Julius Hermann Tögel war von der Gemeinde sogar von der sogenannten Schulprobe wegen seines Wirkens als Hilfslehrer seines Vaters freigestellt worden. Normalerweise war ein Probeunterricht und das Bestehen einer Prüfung mit Rechenaufgabe und Aufsatz Bedingung für die Übernahme einer Schulstelle.

Die Mädchenklasse wurde 1835 von Ernst Traugott Bohrisch geleitet. Der kam auf Empfehlung des Possendorfer Pfarrers Friedrich Leberecht Lehmann nach Lockwitz, der ihn so charakterisierte: „Er hat sich durch unermüdlicher Fleiß und liebevoll ernste Behandlung der Kinder rühmlichst, als durch Gesang und Orgelspiel wohl besonders aber durch religiösen Sinn strenge Sittlichkeit und Bescheidenheit meisterhaft ausgezeichnet.“ Auf ihn folgte der geborene Freiberger Franz Maximilian Ludwig.

Am 16. Juli 1849 genehmigte die Schulaufsicht der Gemeinde einen zusätzlicher Hilfslehrer für 175 Reichstaler unter der Maßgabe, dass die bisherigen Lehrer Julius Hermann Tögel und Ludwig Maximilian Ludwig ihre Gehälter von 318 beziehungsweise 306 Taler im Jahr auf 300 Taler kürzen. Das wären nach heutigen Maßstäben gerade einmal 1.500 Euro im Jahr. Damals gingen 152 Knaben und 158 Mädchen in Lockwitz zur Schule. 1867 war die Zahl der Schüler auf 320 angewachsen.

Julius Hermann Tögel hatte sich bereits beim Gutsherrn Preußer für eine neue Schule stark gemacht. Doch daraus wurde nichts. Erst als 1869 die Bankiersfamilie von Kap-Herr das Lockwitzer Anwesen übernahm, wurde ein neues Schulhaus Realität. Die Kap-Herrs wollten vor dem Schloss einen Garten anlegen und die Straße von ihrem Gebäude wegführen. Doch da war die alte Schule im Weg. Sie wurde deshalb abgebrochen und Teile auch am neuen Standort, der heutigen Tögelstraße 12 verbaut. Die neue Schule hatte drei Klassenzimmer und im ersten Obergeschoss befanden sich die Wohnungen der beiden ständigen Lehrer. Am 24. Oktober 1868 wurde das neue Schulhaus feierlich eingeweiht. Später baute man noch das Dach mit Lehrerwohnungen aus.

Bild: Eingang zur Schule Tögelstraße 12, Quelle: Autor

Die heutige Schule Urnenstraße 22


Ab 1877 wurde nicht mehr zwischen Mädchen und Jungen-Klassen sondern nach Alter unterschieden. Anfang der 1880er Jahre wurde auch dieses Schulhaus zu klein; die Schar der Kinder war auf 400 angewachsen. 1884 schulte sich daher die Gemeinde Nickern aus, und 1886 stellte die Schule einen zweiter Hilfslehrer in Lockwitz an. Doch die Schülerzahl stieg schnell weiter. Ein Schulneubau wurde unumgänglich.

Grundsteinlegung für die neue Schule war der 28. August 1905, und bereits am 3. September 1906 fand die feierliche Einweihung statt. Das Haus wurde nach dem Entwurf der Architekten Gebrüder Kießling aus Kötzschenbroda errichtet. Einschließlich eines für Schulferien gedachten Doppelzimmers wurden zunächst 8 Schulräume, 1 Lehrer-, 1 Direktor- und 1 Lehrmittelzimmer und die Turnhalle mit Ankleideraum eingerichtet. Für den Hausmeister baute man eine Wohnung unter dem Dach ein. Anstelle der Ofenfeuerung in den alten Schulgebäuden trat eine Dampfheizung. Gleich im Eingangsbereich neben der Treppe befand sich der Karzer, wo Schüler wegen schlechten Benehmens oder anderer Vergehen von Hausmeister Martin Scheckenbach für kurze Zeit eingesperrt wurden.

Wettbewerbsentwurf Gebrüder Kießling für den Neubaus der Schule Lockwitz, Quelle: Heimatverein Lockwitz e.V.

1910 waren sechs Lehrer und zwei Hilfslehrer beschäftigt, die 442 Kinder unterrichteten. Zu zahlen waren pro Kind ein Schulgeld von fünf Reichsmark pro Jahr. Das wären heute 35 Euro. Schulleiter war seit 1882 Herman Möbius, der sich auch die Musik in Lockwitz förderte.

Das durch die Sächsische Volkskammer im Jahr 1913 verabschiedete Volksschulgesetz unterband den Religionsunterricht an den sächsischen Schulen. 1919 wurde die Schulpflicht in der Verfassung verankert. Ein Gesetz von 1921 bestimmte die strikte Trennung des bis dahin oft vermengten Kirchen- und Schuldienstes der Volksschullehrer. Der sächsische Kultusminister untersagte Lehrern und Schülern sogar Unterrichtsbefreiungen für religiöse Veranstaltungen außerhalb gesetzlicher Feiertage.

Die neue Schule Lockwitz war 1927 bereits wieder zu klein. Wieder baute man an. Zwei Klassenzimmer und zwei Räume für Werkunterricht und Nadelarbeit kamen hinzu. Vorher hatte man wegen steigender Schülerzahlen sogar schon im Lehrerzimmer unterrichten müssen. Mit der Eingemeindung von Lockwitz zu Dresden am 1. Januar 1930 wurde die Lockwitzer Schule zur 79. Volksschule mit der Perspektive innerhalb von sechs Jahren einen weiteren Anbau zu erhalten. Das wurde aber keine Realität.

Schulzeit in der DDR


Beim Bombenangriff auf Dresden im Februar 1945 blieb die Schule ohne Schäden und nahm für einen Monat Menschen auf, die Ihre Wohnung verloren hatten. Ab März 1945 nutze der Volkssturm zu Kriegsende das Gebäude und lagerte dort teilweise auch Munition. Der Hausmeister Johann Paul Gowinkowski verlor bei der Explosion eines Sprengkörpers in der Schule sogar ein Auge. Das hatte am 8. Mai 1945 ein Ende, als die Rote Armee das Gelände übernahmen und sich dort vorerst einquartierte.

Im Oktober 1945 eröffnete die Lockwitzer Schule wieder. 1951 wurden Elternbeiräte eingeführt und die Kelterei Lockwitzgrund wurde zum Patenbetrieb. Der Spielplatz vor der Schule wurde 1955 im „nationalen Aufbauwerk“ von den Eltern selbst errichtet. Die Eltern und Schulleiter Walter Striebeck sorgten auch für eine neue Ausmalung der Schule, die nach dem farbdynamischen Konzept des Eßlinger Ingenieurs Friedrich Baierl vorgenommen wurde. So entstanden helle freundliche Räume und Gänge. Die Auswahl der Farben in den Klassenräumen und auch des Mobiliars wurden dem Alter der Kinder angepasst. Von hellem Gelb über Rosa, Rottöne bis zu Blau und Grün. Dies war erst die zweite Schule in der DDR, in der das umgesetzt wurde. Diese Farbgestaltung ersetzte man später durch eine Ausmalung im Jugendstil.

Schule nach der Schließung 2008, Quelle: Heimatverein Lockwitz e.V.

1962 im „Eiswinter“ hatte die Schule keine Kohlen zum Heizen. Unterrichtet wurde deshalb in der Feuerwehrschule im Schloss. 1965 wurde die zehnjährige Schulpflicht eingeführt und die 79. Polytechnische Oberschule Lockwitz ins Leben gerufen. 1975 entstand der Sportplatz. 1981 erhielt die Schule den Namen des Chemnitzer SPD- und KPD-Funktionärs Karl Winter. 1982 wurde auch ein weiterer Anbau auf der Hofseite fertig, der sechs Klassenzimmer und den Speisesaal enthielt. Die Schulen in Nickern und Luga waren danach nur noch Kindergärten. 1988 besuchte 688 Kinder die Schule, die von 43 Lehrern unterrichtet wurden.

2006 zum 100jährigen Schuljubiläum des Gebäudes auf der Urnenstraße 22 unterrichteten nur noch 30 Lehrer 332 Schüler. 2008 schloss die 79. Mittelschule wegen Schülermangel. Zu dem Zeitpunkt besuchten noch 250 Schüler die Schule. Danach stand die Schule Lockwitz leer und der Verkauf an einen Investor stand im Raum. Dem stimmte der Ortsbeirat aber nicht zu und das Gebäude wurde erstmals für eine Schulnutzung ausgeschrieben. Diese Ausschreibung gewann das Berufsbildungswerk Sachsen, das im Jahr 2015 die Schule umbaute und um einen modernen Anbau erweiterte. Dazu kam noch eine neue Turnhalle. Seit 2017 befindet sich in der Urnenstraße 22 die SRH-Oberschule und seit 2020 ein Berufliches Gymnasium.

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