Gottfried Joseph Horn wurde im Januar 1739 in Nickern geboren. Seine Eltern waren der Erbmüller in Nickern, Gottfried Horn und dessen Frau Martha. Zu der Zeit gab es am Geberbach drei Mühlen. Horns Vater gehörte die Obermühle, die er nach seinem Tod 1763 an seinen ältesten Sohn Gottfried Joseph weitergab. Dieser war aber offenbar mit der Tätigkeit als Müllermeister wenig ausgelastet und widmete sich dem Klavier- und Pianofortebau.
Vom Müller zum Instrumentenmacher
Zeitgenossen berichten, er sei Autodidakt gewesen, was bei der Schwierigkeit und Vielfältigkeit des Handwerks aber eher ins Reich der Fabel zu verweisen ist. Das legt auch Walter Thoene in der „Neuen Deutschen Biographie“ von 1972 nahe. Er berichtet darüber, dass Gottfried Joseph Horn senior auf Wanderschaft war und erst 1772, also mit 33 Jahren, sein erstes Pianoforte baute. Dieses soll nach Ernst Ludwig Gerber, „Neues historisch biographisches Lexikon der Tonkunst“ von 1814, der damalige Schulmeister von Lockwitz Christian Gottlieb Opitz (1744-1828) erhalten haben. Zur Herstellung soll er die Werkzeuge, Risse und Mensuren von Johann Andreas Silbermanns Gehilfen Schwarze übernommen haben.
Dieser Johann Andreas Silbermann (1712-1783) wohnte und arbeitete in Straßburg und war der Neffe des weltberühmten sächsischen Orgelbauers Gottfried Silbermann (1683-1753). Sein Nachlass befindet sich heute in der Sächsischen Staats- und Universitätsbibliothek in Dresden. Horn selbst hatte wohl auch von Schwarze einige Anleitung erhalten, baute aber keine Orgeln, sondern hauptsächlich Clavichorde, die sich durch eine untypisch breite Tonlage auszeichneten.
Horns Namensplatte an einem Clavichord von 1785
Quelle: „The claviecordbuilders Horn and Contemporaries“ von Joris Potvliehge von 1996
Clavichorde sind historisch gesehen eher Übungsinstrumente und fanden in der Hausmusik ihren Einsatz, da sie für Aufführungen nicht laut genug waren. Auch Johann Amadeus Mozart (1756-1791) besaß ein Clavichord für die Reise und zum Komponieren. Die Clavichorde Horns galten als Spitzenerzeugnisse in der Spätzeit dieses Tasteninstrumententyps und zeichneten sich durch ihren „Silberton“ aus. Eines der Instrumente von 1788 ist heute noch Teil der Sammlung Beurmann im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg (siehe Bild oben).
Erfolg und Reichtum
Das Geschäft mit Clavichorden und Pianoforten muss einträglich gewesen sein. Clavichorde brachten bis zu 30 Reichstaler und Pianoforte bis zu 100 Reichstaler pro Stück ein. Zum Vergleich: Ein Handwerksmeister verdiente in der Zeit etwa 200-300, Arbeiter 130 Taler pro Jahr. Von Horn wird vermutet, dass er 464 Clavichorde und acht Pianoforte in 27 Jahren fertigte. Sein wirtschaftlicher Erfolg ließ ihn später auch die Niedermühle in Nickern pachten. Er starb am ersten Weihnachtsfeiertag 1797 in Nickern als gemachter Mann und hinterließ die aus Gamig stammende Witwe Eva Maria Seidel (1744-1799) und den einzigen Sohn Christian August Horn (1772-1841).
Dieser übernahm nach dem Tod des Vaters ab 1797 dessen Werkstatt und auch die Mühle in Nickern. Sein Atelier befand sich in der Kleinen Brüdergasse in Dresden. Der Reichtum der Familie scheint aber bald verflogen. Christan August war bei seinem Tod am 25. September 1841 Instrumentenstimmer in Dresden und dessen Sohn Carl Wilhelm Horn starb laut Kirchenbuch Lockwitz am 11.06.1864 im Nickerner Armenhaus.
Der jüngere Bruder von Gottfried Joseph senior war Johann Gottlob Horn (um 1748-1796). Er wurde wohl von seinem fast zehn Jahre älteren Bruder angehalten, sich mit dem Tischlerhandwerk vertraut zu machen, um später auch Instrumenten- und Orgelbauer zu werden. Er lernte bei Johann Christoph Keitel in Dresden und von 1771 bis 1773 beim Augsburger Orgelbauer Johann Andreas Stein (1728-1792). Zu einer weiteren, sechsjährigen Ausbildung ging er nach Gera zu Christian Gottfried Friederici (1717-1777). Auf dessen Empfehlung gründete Horn 1779 in Dresden sein eigenes Atelier und stellte Clavichorde, Cembali, Hammerklaviere und Claviorgana her.
Export nach Amerika und Russland
Das erstes Clavichord von Johann Gottlob Horn erwarb Graf Reuß-Köstritz. 1795 war das 556. Instrument fertig. Zeitweilig leitete er das Unternehmen zusammen mit Heinrich Rudolph Mack, der sein Gehilfe war. Der übernahm gemeinsam mit Horns Schüler Carl Ernst Fürchtegott Renzsch nach dem frühen Tode des Meisters 1796 in Dresden dessen Atelier dort. Die Leitung hatte aber Horns Witwe Susanne Elisabeth Geilfuß (1752-1818) inne. Die Instrumente der Brüder galten als Spitzenerzeugnisse und sollen bis nach Amerika, Livland und Russland, sogar bis Afrika exportiert worden sein. Eines seiner Instrument aus dem Jahr 1793 befindet sich heute im Musikinstrumenten-Museum des Staatlichen Instituts für Musikforschung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Auf der Website des Museums ist neben einem Bild auch eine Klangprobe hinterlegt.
Weitere Instrumente der Brüder stehen heute im Musikinstrumentenmuseum in Leipzig, im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, im Museum für Kunsthandwerk in Pillnitz (Dresden) und im Deutschen Museum in München. Ein Clavichord aus der Werkstatt Horns Erben besitzt auch das Museum of Finest Arts in Boston (USA).
Familiengeschichte Horn in Nickern und Lockwitz
Neben den Instrumentenmachern und Müllern ist noch der Sohn aus der dritten Ehe des Nickerner Erbmüllers Gottfried Horn mit Katharina Elisabeth Zimmermann (1735-1807), Johann Christian Gotthelf Horn (1763-1839) zu nennen. Dieser war Sattlermeister und Kürschner in Nickern. Er war ein angesehener Mann und gewählter Gerichtsschöppen, der in einfachen Rechtsstreitigkeiten den Vorsitz führte. Außerdem wird er im Lockwitzer Kirchenbuch auch als Kirchenvorsteher genannt. Sein Sohn Wilhelm Ferdinand Horn (1807-1890) war bis zu seinem Tod Sattlermeister in Lockwitz. Er war mit Henriette Wilhelmine Büttner (1816-1892) verheiratet. Die Tochter Clara Horn heiratete 1861 den Braumeister Ernst Julius Büttner in Lockwitz. Dieser hatte die Rittergutsbrauerei in Röhrsdorf gepachtet und betrieb später mit seinem Sohn Arthur eine Großbierhandlung in Kleinzschachwitz.
Das Sattlergeschäft Wilhelm Ferdinand Horns übernahm der Sohn Louis Horn (1835-1915), der sich aber auf das Tapezierhandwerk verlegte. Seit 1879 besaß er das Haus Altlockwitz 15 (Bild, im Vordergrund links).
Louis Horn war auch ein begeisterter Jäger und Sänger. Wie sein Schwager, Braumeister Ernst Julius Büttner, gehörte er dem Männergesangsverein Lockwitz an. Mit Louis Horn stirbt am 12. September 1915 der letzte männliche Vertreter der Familie Horn in Lockwitz.
Quellen: Ortsfamilienbuch Lockwitz-Nickern, Birkigt-Chronik/Heimatverein Lockwitz e.V.