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Lockwitzer Geschichte: Erhängt, gerädert, enthauptet

Die Geschichte von Lockwitz und Nickern ist von aufsehenerregenden Gerichtsurteilen geprägt. Die Strafen waren teilweise extrem. Enthaupten, Erhängen, Rädern. Von den Gerichtsplätzen in Lockwitz und einem Mordfall handelt dieser Beitrag.
Rädern - Vollzug der Todesstrafe mittels des Rades

Das Gemeindesiegel in Lockwitz zeigt eine Frau die eine Waage und eine Schwert hält. Diese Darstellung verweist darauf, dass in Lockwitz Recht gesprochen und auch die Strafen umgesetzt wurden. So finden sich etliche Kriminalfälle und auch grausame Bestrafungen in den Lockwitzer Chroniken und Kirchenbüchern.

Das Rittergut Lockwitz bestand mehrere Jahrhunderte aus Ober- und Niederlockwitz. Zu Oberlockwitz gehörten neben der Hälfte von Lockwitz auch Nickern, Klein Luga, halb Leuben und Rippien. Zu Niederlockwitz gehörten Kauscha, Gaustritz, Nöthnitz, Rosentitz sowie einzelne Teile von Niedersedlitz und Zschachwitz und der andere Teil von Lockwitz. Lockwitz übte auch die Gerichtsobrigkeit über die dazugehörigen Orte nach Dr. Friedrich Theile aus (Lockwitzer Nachrichten Band 1, 1876, S.12f.). Selbst als Nickern und Nöthnitz später zu eigenen Rittergütern erhoben wurden blieb die Gerichtsbarkeit in Lockwitz.

Die Gerichtsplätze in Lockwitz

Der Gerichtsplatz von Oberlockwitz befand sich an der Gabelung der Straße am Galgenberg, Nickerner Straße. Dort stand der Galgen, der auch die Gerichtsbarkeit der Lehnsherren dokumentierte. Er wurde, wie der Ortschronist Christian Sültze in seiner Chronik schreibt, 1669 „den Dieben zum Schrecken“ neu errichtet. Offenbar wurde er aber nur wenig gebraucht, denn 1700 riss ihn der Wind um. Pfarrer Christian Gerber als auch Sültze berichten, dass dort 1668 die Kindesmörderin Anna Marie Müller, Schenkwirtstochter zu Leuben, mit dem Schwert hingerichtet wurde. Auch die Marie Ohrisch zu Gaustritz, die ihren Ehemann, den Müller, erstochen hatte, enthauptete man auf dem Gerichtsplatz mit dem Schwert.

Die Kosten für die Unterbringung und Bewachung solcher Missetäter mussten im 17. Jahrhundert nach Erkenntnissen von Ernst Dässler („Gutsherrenschaft und Unterthan“ in: Aus alter und neuer Zeit. Monatsbeilage zu Lokalanzeiger und der Elb- und Müglitzzeitung, Nr. 4, 1913) die Lockwitzer und nicht der Lehnsherr tragen. Wohl deshalb waren die Bürger wohl auch an einem „kurzen Prozess“ interessiert.

Der Richtplatz von Nieder-Lockwitz lag auf dem Gückelsberg. Hier kam es am 10. September 1772 zur wohl grausamsten Bestrafung in der Geschichte von Lockwitz, die der sogenannte Sachsenspiegel, ein mittelalterliches Rechtsbuch aus dem 13. Jahrhundert, für besonders schlimme Straftaten empfahl. In Paragraph 4 ist dort zu lesen: „Alle Mörder und solche, die den Pflug rauben oder eine Mühle oder die eine Kirche oder den Kirchhof berauben; ebenso Verräter und Mordbrenner oder die ihre Botschaft (Vollmacht) zu ihrem eigenen Nutzen verkehren: Die soll man alle rädern.“

Der Mord von Lockwitz im Jahr 1771

Was war nun in Lockwitz passiert? Am 17. Februar 1771 wurde der Sattlergeselle Johann Christian Günter, gebürtig aus Unkersdorf zwischen Luga und Lockwitz erstochen aufgefunden (siehe Ortsfamilienbuch Nr. 3214). Im Kirchenbuch steht dazu, dass der Grund wohl Habgier war. Sein Mörder stahl die Schlüssel, um in der Wohnung des Sattlergesellen an dessen Ersparnisse zu kommen. Besagter Günther verwahrte sein Geld in einem Lederbeutel in einem abgeschlossenen Holzkasten auf. Der Täter war der Lockwitzer Schuhmachergeselle Johann Christian Ebelt.

In der Lockwitzer Bikigt-Chronik ist zu lesen, dass der Schuhmacher Christoph Ebelt zwei Söhne hatte. Beide hatten das Schuhmacherhandwerk gelernt. Der Ältere, dessen Name nicht bekannt ist, stahl 150 Thaler, die er in der Burgruine Wehlen verbarg. Das Geld wurde aber gefunden, und Ebelt kam zur Strafe „auf den Bau“ nach Dresden. Das heißt, er musste einige Jahre Festungsbaustrafe verbüßen, die schwerer war als Zuchthausstrafe. Der jüngere Bruder Johann Christoph Ebelt wurde wegen seiner Gier zum Mörder. Als Ebelt mit dem gestohlenen Lederbeutel in seine Wohnung gehen wollte, wurde er verhaftet. Offenbar hatte man schon einen Verdacht.

Geschichte in Lockwitz: Tod durch Rädern

Fast anderthalb Jahre später verurteilte ein Gericht den Mörder zum Tod durch das Rad. Ein in dieser Zeit schon seltenere Form der Bestrafung. Beim Rädern werden durch den Henker mit einem schweren beschlagenen Rad, die Gliedmaßen des am Boden liegenden Verurteilten gebrochen. Anschließend werden die Gliedmaßen durch die Speichen des Rades geflochten, das Rad aufgestellt und der Unglückliche seinem unabwendbaren Todesschicksal überlassen. Offenbar wollte man wegen der Schwere der Tat und der Heimtücke ein Exempel statuieren. Das Lockwitzer Kirchenbuch hält den Todestag genau fest. Der Pfarrer Abraham Lehmann notierte: „Johann Christoph Ebelt wurde den 10. September (1772) früh morgens nach 8 Uhr auf Urtheil des Rathes auf das Rad vom Leben zum Tode gestraft. Seines Alters 21 Jahre alt. Möge seines Gleichen nie wieder gebohren werden!“

Foto: akg-images

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